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„Das Prinzip aller Dinge ist Wasser“

Der vier Quellen Weg - vom Rhein zur Reuss, zum Ticino und der Rhone

Die Flusstäler im Gotthardgebiet waren seit jeher Lebensadern. Ab dem frühen Mittelalter wurden sie besiedelt und haben sich wirtschaftlich und kulturell entwickelt. Der Vier Quellen Weg verbindet die Haupttäler und damit Geschichten von Leben und Leuten von der Vergangenheit und Gegenwart und führt durch eine unglaublich faszinierende, teils wilde, teils sanfte Natur. - Treu nach dem Motto: „Das Prinzip aller Dinge ist Wasser“, wie dies der griechische Philosoph und Mathematiker Thales von Milet (625-545 vor Christus) schrieb.

Die Rheinquelle und der Lai da Tuma hoch über der Surselva

Es sind namenlose, kleine Bergbäche, die vom Badus und Rossbodenstock in den glasklaren Lai da Tuma fliessen, dem See beim Hügel, wie er aus dem rätoromanischen übersetzt heisst. Der Benediktinerpater, Naturforscher und Erstbesteiger des Badus, Placidus A. Spescha (1752-1833) nannte den Tomasee als Quelle des Rheins. Von hier ergiesst sich das Wasser über eine steile Felsstufe ins Tal, rauscht als junger, wilder Rhein durch die Surselva, frisst sich durch die imposante Rheinschlucht und füllt den weiten Bodensee. Immer breiter werdend, treibt der Strom durch Deutschland und gilt als eine der verkehrsreichsten Wasserstrassen der Welt, bis er nach 1233 km in Rotterdam an der niederländischen Küste in die Nordsee mündet.

Acht Reusskinder und der verwunschene Bergsee unterhalb des Passo di Lucendro

Wenn man es nicht wüsste, würde man es nicht merken. Tatsächlich, so unauffällig erscheint der kleine Bergsee unterhalb des Passo di Lucendro! Gleich an der kontinentalen Wasserscheide entspringt eines der acht Reusskinder, welches als Hauptquelle gilt. Im Urserental stossen aus den umliegenden Bergtälern weitere vier Kinder dazu und stürzen bei Andermatt in die Schöllenenschlucht.

Der Sage nach ging die Urner Bevölkerung einen Pakt mit dem Teufel ein, um endlich eine Brücke über die Schlucht zu bauen. Als Lohn sollte die erste Seele, welche die Brücke quert, dem Teufel gehören. Statt einem Menschen schickten die schlauen Urner einen Ziegenbock hinüber. Voller Zorn griff der Teufel nach einem Stein. Doch, ehe er diesen gegen die Brücke schleudern konnte, erschien ein altes Mütterchen und ritzte ein Kreuz in den Stein. Abgelenkt davon, verfehlte der Teufel sein Ziel und heute noch steht der Felsblock in Göschenen.

In Göschenen und Wassen kommen mit der Göschenen- und Meienreuss zwei weitere Kinder dazu. Jetzt sind es sieben an der Zahl und es fehlt nur noch das achte, welches in Attinghausen als Stille Reuss zur Familie stösst, die dann durch den Vierwaldstättersee und das Freiamt fliesst und bei Windisch als viertgrösster Fluss der Schweiz in die Aare mündet.

Geschichten vom Bedrettotal und dem Ursprung des Ticino am Nufenen

Aus den Rinnsalen, die sich im Talkessel unterhalb des Nufenenpasses vereinen, entspringt der Ticino und startet seine Reise durch den Südkanton und Italien, bis er bei Pavia in den Po mündet und mit diesem in die Adria fliesst. Viele der Bewohner des Bedrettotals mussten dem Weg des Wassers, talauswärts folgen. Wegen der Höhe waren die Erträge aus dem Kartoffel- und Roggenanbau zu bescheiden. Die Arbeit als Saisonniers im Ausland war fürs Überleben notwendig. Den erhofften Aufschwung, welcher das Bedretto-Fenster hätte bedeuten können, blieb aus. Der Baustollen, welcher das Tal seit den 1980er Jahren mit dem Furka-Basistunnel verbindet, wurde nie ausgebaut. Aber noch heute zeugt der vergitterte Eingang beim Dorf Ronco vom Projekt und mittlerweile nutzt die ETH Zürich eine Tunnelnische als Labor zur Erforschung der Geothermie.

Dem mächtigen Rhonegletscher entspringt die Rottu, die zur Rhone wird und in der Camargue ins Mittelmeer fliesst

Um 1850, dem Höhepunkt der kleinen Eiszeit, wäre mindestens der Besuch der Rhonequelle weniger anstrengend gewesen. Denn der Gletscher reichte bis in die Talebene von Gletsch, fast bist zum Hotel Glacier du Rhône. Und so wurde Gletsch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem touristischen Magnet. Während der Belle Epoque bot die Hotelanlage 320 Gästebetten und über die Sommermonate verliessen täglich 80 bis 100 Gäste in Kutschen den Ort Richtung Brig, Grimsel oder Furka und neue reisten an. Mit dem Bau der Brig-Furka-Disentis-Bahn vor dem Ersten Weltkrieg, der wirtschaftlichen Krise in den Nachkriegsjahren, aber auch dem veränderten Landschaftsbild durch den Rückzug des Gletschers, verblasste der Glanz des Orts. Heute dampft allerdings der Zug wieder über die Furka-Bergstrecke und die Ebene vor Gletsch hat sich in eine prächtige Auenlandschaft verwandelt. Hingegen zeugt eine Stufe höher der sich rasant zurückziehende Rhonegletscher vom Klimawandel. Das Eis können auch die Fliese nicht retten. Es schmilzt unaufhaltsam zu Wasser, das seinen Weg als junge Rottu durchs Goms nimmt und nun als Rhone durchs Wallis in den Lac Léman fliesst und Frankreich von Ost nach Süd durchquert. In der Camargue, welche für ihren Artenreichtum an Wasservögeln oder den Camargue-Pferden bekannt, aber auch als landwirtschaftliche Nutzfläche sowie für die Salzgewinnung bedeutend ist, mündet die Rhone im Mittelmeer.   

Über den Vier Quellen Weg

Das Gotthardgebiet ist der Ursprung der vier Flüsse Rhein, Reuss, Ticino und Rhone. Dies hat Paul Dubacher, Initiant und Projektleiter des Vier Quellen Wegs, auf die Idee gebracht, die Route zu entwickeln. 2009 konnten die ersten Bauarbeiten in Angriff genommen werden und 2012 wurde der Weg eröffnet. Ein ganz herzliches Dankeschön gilt daher Paul Dubacher und allen Personen, die mitgeholfen haben, das Projekt zu realisieren. Mit einer Verbindung zur dreifachen kontinentalen Wasserscheide Europas hoch über dem Urseren- und Bedrettotal wurde der Weg im letzten Jahr um eine weitere Attraktion bereichert. (Mehr Informationen auf www.vier-quellen-weg.ch)

 

Quelle: Stiftung Vier-Quellen-Weg im Gotthardmassiv, Vier-Quellen-Weg im Gotthardmassiv, 2019, Seedorf

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